Was machen Pfadfinder eigentlich?

„Was machen Pfadfinder eigentlich?“, diese Frage habe ich schon häufig aus allen möglichen Richtungen gehört. Und ich gebe zu, die Frage ist nicht immer ganz einfach zu beantworten. Der Fußballverein schießt mit dem Ball, die Basketballer werfen den Ball, die Feuerwehr wehrt sich gegen Feuer und im Schützenverein misst man sich durch ausüben des Schießsports. Und Pfadfinder? Suchen beziehungsweise finden wir den Pfad? Und was ist „der Pfad“ denn eigentlich?

Ich habe lange überlegt, wie ich die Pfadfinderei gut erklären kann, und bin zu keiner wirklich guten Idee gekommen. Wenn man im Internet „Was machen Pfadfinder?“ eingibt, ist die Auswahl recht groß. Viele Gruppen stellen sich vor und beschreiben, woraus ihre pfadfinderische Arbeit besteht, und die am häufigsten genannten Elemente sind für uns genauso zutreffend. Unsere Arbeit baut auf 3 Grundpfeilern auf:

In der Gruppe der Kirchengemeinde (die sogenannten Stämme) gibt es verschiedene kleinere Gruppen, die sich einmal in der Woche treffen. Die Jüngsten sind hauptsächlich mit Spielen und Basteln beschäftigt. Mit zehn Jahren beginnt die Gruppe mit Pfadi-Techniken: Feuer machen, Zelt aufbauen, kochen unter freiem Himmel, etc. Die Gruppe bleibt 6 Jahre zusammen und wächst miteinander. Für die über 16-Jährigen gibt es dann die Roverrunde, die sich alle 2 Wochen trifft und sich selbst eine schöne Zeit gestaltet.
Der zweite Pfeiler sind unsere Veranstaltungen. Wie es das Klischee schon propagiert, gehen wir natürlich zelten! Wir haben ganz besondere traditionelle Zelte aus Baumwollstoff, der auch mal einen Funken aushält und so ein Feuer im Zelt ermöglicht. Unsere Veranstaltungen sind sehr vielfältig: Vom zweiwöchigen Zeltlager bis zur gemeinsamen Woche in einer Art Wohngemeinschaft, vom Hajk (eine mehrtägige Wanderung, bei der im Wald übernachtet wird) bis zum „Star Wars“-Wochenende im Gemeindehaus.
Unser drittes Standbein lässt sich wohl am besten mit Kontaktfreudigkeit beschreiben. In unserem Ort wachsen Freundschaften durch die Pfadfinder. Aber an anderen Orten gibt es noch mehr von uns, und wir treffen uns immer wieder mit Gruppen aus Fulda, Bad Hersfeld oder Hann. Münden und verbringen Zeit miteinander. So wachsen Freundschaften einer ganz besonderen Art.

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Doch ich finde, hinter der Pfadfinderei steckt mehr als nur diese drei Punkte. Für mich ist es die Gemeinschaft, die zählt. Ich glaube, ich wäre heute nicht der, der ich bin, wäre ich nicht zu den Pfadfindern gekommen. Das Leben in der Gemeinschaft, sei es auch nur für ein Wochenende, prägt die Art, Dinge wahrzunehmen. Das „Actio und Reactio“-Prinzip, das Newton einst beschrieb gilt nicht nur in der Physik, es ist genauso auch in der Gruppe von Bedeutung. Für mein Verhalten bekomme ich immer eine Rückmeldung, und daraus lerne ich. Ich lerne mit anderen Menschen umzugehen, sei es im Grundschulalter, wenn ich zum ersten mal zurechtgewiesen werde, weil ich jemand anders geärgert habe, mit 15, weil ich die Meinung eines anderen nicht akzeptiere und mich über ihn lustig mache, oder mit 21, wenn ich die Bedürfnisse anderer falsch einschätze und mich nicht in ihren Standpunkt versetzen kann. Diese Charakterbildung ist vielleicht kein konkretes Ziel, sondern nur ein Nebeneffekt unserer Arbeit, doch trotzdem schätze ich ihn als sehr wichtig ein.
Und dann gibt es da noch andere grundsätzliche Verhaltensregeln, die man sehr schnell aufnimmt. Wenn ich Süßigkeiten mitbringe, dann werden die selbstverständlich geteilt. Und das ist okay, denn ich weiß, wenn die anderen etwas mitbringen, bekomme ich auch etwas davon ab.
Und vielleicht ist genau diese Art miteinander umzugehen auch unsere Verbindung zur Kirche und zum Christentum. Unsere Arbeit orientiert sich am Evangelium von Jesus und den Ideen, die dahinter stecken. Ich denke wir leisten evangelische Jugendarbeit, auch ohne, dass die Verbindung immer offensichtlich ist. So sind Mitglieder anderer Konfessionen oder Glaubensrichtung bei uns genauso willkommen, und trotzdem gehört der gemeinsame Gottesdienstbesuch oder die abendliche Andacht dazu.

Pfadfinder sein: das ist Spaß, das ist zelten, das ist singen und das ist spielen. Aber es ist auch unterwegs sein, den Pfad finden, nicht nur im Wald, sondern auch im Leben. Es ist die Gruppe, mit der und durch die man wächst und es ist auch Eigenständigkeit, die man immer wieder beweisen muss.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine neue Sichtweise auf uns ermöglichen. Und wenn ich unseren Gruß jetzt niederschreibe, dann tue ich das ganz bewusst und wünsche nicht nur uns Pfadfindern, sondern auch unserer Gemeinde und euch und Ihnen, die Sie diesen Text lesen „Gut Pfad“.

Jonas Höchst

 

Der Bericht ist auch im Gemeindeblättchen „Domspatz“ aus dem November 2013 unserer Kirchengemeinde erschienen.

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